Predigt bei der Trauung von R. und S. am 03.06.2017
Trauvers
Als Trauspruch haben R. und S. einen Ausspruch von Jesus ausgewählt, der uns im Johannesevangelium überliefert ist. Dort heißt es:
„Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Ihr sollt einander lieben, wie ich euch geliebt habe. An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“
Johannes 13, 34f
Jesus sagt dies zu seinen engsten Freunden, den Jüngern die später auch Apostel genannt werden. Das sind die zwölf Männer die etwa drei Jahre mit Jesus durch Israel gezogen sind. Das sind diejenigen, die gehört haben, was Jesus gelehrt hat und die gesehen haben, wie Jesus Menschen geheilt und andere Wunder getan hat.
„An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“ sagt Jesus.
Jesus sagt nicht: an den Wundern werden die Menschen erkennen, dass ihr zu mir gehört. Jesus sagt auch nicht dass es am sozialen Engagement zu sehen ist, ob jemand ein Jünger Jesu ist oder daran wie viel gebetet wird oder welche Lieder gesungen werden.
Jesus sagt: „An eurer Liebe zueinander!“
Und Jesus meint damit nicht die Liebe zwischen R. und S. ! Jesus meint auch nicht die Liebe zwischen Mutter und Kind.Jesus meint die Liebe, die zwischen seinen engsten Freunden sein soll.
Warum die Liebe als Erkennungszeichen?
Doch warum eigentlich die Liebe? Warum sagt Jesus, dass an der Liebe der Jünger untereinander, deutlich wird, dass sie zu ihm gehören, zu Jesus?
Wenn wir in die Bibel hinein schauen, dann finden wir dazu einiges. Ich hab mal die aus meiner Sicht vier wichtigsten herausgegriffen:
- Zunächst einmal bezeugt die Bibel an vielen Stellen, dass Gott Liebe ist. Ein Zitat nenne ich zur Unterstreichung: „Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe.“ Das steht im ersten Brief des Johannes in Kapitel 4, Vers 8.
- Dann finden wir – sowohl in der jüdischen Bibel, das ist der Teil der Bibel den wir altes Testament nennen, als auch im neuen Testament die Aufforderung: Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst. Im Evangelium nach Markus (12, 29ff) zitiert Jesus aus der jüdischen Bibel: „Das wichtigste Gebot ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der alleinige Herr. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit deinem ganzen Verstand und mit aller deiner Kraft! An zweiter Stelle steht das Gebot: Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst! Kein Gebot ist wichtiger als diese beiden.“ An einer anderen Stelle fügt Jesus noch hinzu: „Mit diesen beiden Geboten ist alles gesagt, was das Gesetz und die Propheten fordern.“ Damit sagt Jesus, wer Gott und seinen Nächsten liebt, der erfüllt alles was Gott von uns Menschen fordert!
- Dann finden wir „natürlich“ das Gebot der Feindesliebe. Im Evangelium nach Lukas (6, 27f) fordert Jesus von seinen Jüngern: „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen; segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch Böses tun.“
- Und als viertes sagt die Bibel, dass die Liebe die größte Gabe ist. Im Brief an die Korinther heißt es: (1.Korinther 13, 13) „Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe.“
Warum also sagt Jesus, dass an der Liebe der Jünger untereinander zu erkennen ist, dass sie seine Jünger sind? Dass sie zu Jesus gehören?
Die Liebe ist das Wesen Gottes
Weil in der Liebe das Wesen Gottes sichtbar wird. Die Liebe durchdringt die ganze Bibel – auch wenn das einem oberflächlichen Betrachter oder Leser nicht gleich klar wird. Denn es gibt ja auch nicht wenige Erzählungen und Aussagen, in denen man mit der Lupe nach der Liebe Gottes suchen kann und dennoch nichts findet.
Aber trotzdem ist sie da. Letztlich ist die ganze Bibel, ein Liebesbrief Gottes an uns Menschen!
Am deutlichsten wird Gottes Liebe an Jesus.
Bitte versuchen Sie sich mal folgendes vorzustellen: Sie haben ein Kind. Nun sollen Sie ihr eigenes Kind in einen Slum schicken, damit es dort mit den Menschen lebt, die sich von Müll ernähren, die keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, die jeden Tag kämpfen müssen um zu überleben! Und ihr Kind soll nicht nur mit diesen Menschen leben, sondern auch wie leben! Es soll alles erleben, was so ein Slum Kind auch erlebt. Dein Kind, als ein Slumbewohner, mit allem was dazu gehört. Wer wäre dazu bereit?
Ich bitte sie über noch ein Zweites nach zu denken: Wären sie selbst bereit, ihr Leben hier in Deutschland aufzugeben um nach z.B Afghanistan oder Syrien zu gehen? Oder in den Sudan? Und zwar ohne Geld, ohne deutschen Pass, ohne ein Ticket zurück nach Deutschland. Um in den Kriegsgebieten für die Menschen da zu sein mit ihnen ihr Leid zu teilen?
Die besondere Tat Jesu
Jesus war bereit, sein Leben bei Gott zurück zu lassen und Mensch zu werden. Zu leben wie ein Mensch, zu fühlen wie ein Mensch. Gott der Vater hat Jesus in einen Slum geschickt. Zumindest im Verhältnis vom Himmel zu unserer Welt. Kann man sich das vorstellen.
Welcher Vater tut das?
Gott der Vater tut das.
Ist das ein liebender Vater?
Ja, denn in Jesus kommt Gott der Vater auch selber auf diese Welt. Gibt selber sein Leben im Himmel auf und geht – im Übertragenen Sinn – nach Syrien, nach Afghanistan oder in den Sudan und stellt sich den Herausforderungen dieser Welt.
Und warum tut Gott das?
Die Antwort ist einfach: Gott tut dies aus Liebe.
Gott liebt Dich. Jeden der hier sitzt. Egal ob Du an ihn glaubst oder nicht. Egal ob Du zornig auf Gott bist oder er Dir scheißegal ist. Er – Gott der Vater – liebt Dich. Ja Dich.
Gott ist in Jesus auf diese Welt gekommen um Dir zu zeigen: Ich bin für Dich da! Ich kenne Dich! Ich will mit Dir in Beziehung sein!
Vielleicht halten Sie das alles für Quatsch. Vielleicht denken Sie, Gott ist ein Hirngespinst. Oder Sie sehen das Elend dieser Welt und sagen sich: Wenn Gott so was zulässt, dann kann er mir gestohlen bleiben. Oder Sie denken, das mit Gott ist OK – aber dieser Jesus, der nervt. Oder…. was auch immer.
Aber was, wenn es wirklich so wäre? Was, wenn Jesus tatsächlich der Mensch gewordene Gott ist? Was wenn er wirklich gestorben und wieder auferstanden ist? Was, wenn Jesus der einzige Weg ist um zu Gott zu kommen und ewiges Leben zu erhalten?
Gott ist Liebe.
Und Gottes Liebe zu uns Menschen – zu Dir – ist so unfassbar groß, dass er bereit ist seine Göttlichkeit zurück zu lassen und Mensch zu sein.
Trauvers und das Brautpaar
Doch nun noch ein paar Gedanken zum Trauvers und der Frage nach der Beziehung der Geschlechter.
Ich lese noch einmal den Trauvers: „Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Ihr sollt einander lieben, wie ich euch geliebt habe. An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“
Bereits zu Anfang habe ich erklärt, dass Jesus dies zu seinen engsten Freunden sagt. Und ich hoffe es ist deutlich geworden, warum es die Liebe ist, an der man erkennen kann, wer zu Jesus gehört. Aber das Gebot gilt nicht ausschließlich diesen zwölf Jüngern, denen er es gesagt hat. Dieses Gebot ist für alle Jünger Jesu, zu allen Zeiten gültig.
Jesus spricht hier von einem neuen Gebot! D.h. einander zu lieben ist keine Freiwilligkeitsleistung, es ist kein: „heute bin ich gut drauf, also liebe ich“ Sache. Jesus nennt es ein Gebot, es ist ein Befehl! Ihr habt euch zu lieben!
Kann man Liebe befehlen?
Wohl kaum. Dennoch fordert Jesus genau das.
Was also kann Jesus damit meinen, wenn er sagt: „Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander!“
Die Ehe wird in der Bibel an mehreren Stellen als Bild, als Beispiel für das Verhältnis von Gott und Mensch genommen. Und was Jesus hier mit diesem (neuen) Gebot, von seinen Jüngern fordert, hat ganz viel mit dem zu tun, wie die Beziehung in einer Ehe gestaltet werden soll. Es hat viel damit zu tun, auf was sich Rebecca und Sascha mit ihrer Hochzeit eingelassen haben.
Die Liebe in der Definition Gottes
Was also ist mit dieser Liebe gemeint? Welche Eigenschaften hat diese Liebe?
Im ersten Buch der Bibel (1.Mose 1, 26f) wird berichtet: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, […]Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ Das bedeutet, Mann und Frau sind gemeinsam Ebenbild Gottes. Nicht allein für sich. Und beide sind Geschöpfe des gleichen Gottes und haben damit die gleiche Würde und verdienen den gleichen Respekt voreinander. Die Liebe, von der Jesus redet schätzt den Anderen und bringt ihm Respekt entgegen. In der Traufrage versprechen Braut und Bräutigam einander, sich „…als Gottes Gabe [zu] lieben…“
Also liebe R., lieber S., wenn es mal harte Zeiten geben sollte in eurer Beziehung, dann denkt daran: der Andere ist eine Gabe Gottes und verdient meinen Respekt unabhängig davon, was ich meine dass er oder sie mir angetan hat.
In einem längeren Abschnitt im Epheserbrief (5, 21), der sich mit dem Verhältnis von Mann und Frau beschäftigt heißt es: „Ordnet euch einander unter; tut es aus Ehrfurcht vor Christus!“ Wenn ich bereit bin mich meinem Gegenüber unterzuordnen, mein Gegenüber höher zu schätzen als mich selbst, mein Gegenüber wichtiger zu nehmen als mich selbst – dann braucht es dafür Vertrauen. Das Vertrauen, der Andere wird mich nicht über den Tisch ziehen. Vertrauen, der Andere meint es gut mit mir. Für eine Ehe ist das unabdingbar. Und auch für jede andere Beziehung eine exzellente Grundlage.
- Liebes Brautpaar, das wünsche ich euch, dass es euch immer wieder neu gelingt, den anderen für wichtiger zu nehmen als euch selbst. Gerade auch dann, wenn vielleicht Entscheidungen anstehen, die Richtungsweisend sind und wo ihr völlig unterschiedliche Sichtweisen dazu habt. Das ist nicht einfach, aber wenn es euch in den kleinen Entscheidungen des Alltages gelingt – sozusagen als Vorübung – dann wird dies auch bei den großen und Wegweisenden gelingen.
- Also S., dran bleiben. Auch in diesem Text ist es keine Freiwilligkeitsleistung, seine Frau zu lieben, sondern eine Aufforderung. Vielleicht ist es für Dich ja eine Hilfe, wenn Du Dir den letzten Vers des Textes immer wieder vor Augen führst: „Ein Mann, der seine Frau liebt und ihr Gutes tut, tut sich damit selbst etwas Gutes.“
- Liebes Brautpaar, das wünsche ich euch, dass es euch immer wieder neu gelingt, den anderen für wichtiger zu nehmen als euch selbst. Gerade auch dann, wenn vielleicht Entscheidungen anstehen, die Richtungsweisend sind und wo ihr völlig unterschiedliche Sichtweisen dazu habt. Das ist nicht einfach, aber wenn es euch in den kleinen Entscheidungen des Alltages gelingt – sozusagen als Vorübung – dann wird dies auch bei den großen und Wegweisenden gelingen.
Im weiteren spricht der Text aus dem Epheserbrief dann davon, dass wir uns dem stellen sollen, wo wir unsere größten Defizite haben. Es heißt dort: (Epheser 5, 22ff) „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter! Ihr zeigt damit, dass ihr euch dem Herrn unterordnet. […] Und ihr Männer, liebt eure Frauen! Liebt sie so, wie Christus die Gemeinde geliebt hat: Er hat sein Leben für sie hingegeben,[…] Genauso sind nun auch die Männer verpflichtet, ihre Frauen zu lieben und ihnen Gutes zu tun, so wie sie ihrem eigenen Körper Gutes tun. Ein Mann, der seine Frau liebt und ihr Gutes tut, tut sich damit selbst etwas Gutes.“
Ich kann nicht für die Frauen sprechen, deshalb beschränke ich mich auf das, was zu den Männern gesagt ist: „Und ihr Männer, liebt eure Frauen! Liebt sie so, wie Christus die Gemeinde geliebt hat.“ Wer von uns Männern hier keinen trockenen Mund bekommt, der hat nicht begriffen, was da von uns Ehe-Männern verlangt wird. Ich glaube, dass es für uns Männer mit das schwierigste ist, unsere Frauen so zu lieben, wie Jesus uns liebt. Nicht weil unsere Frauen nicht liebenswert wären – sondern, weil wir in der Frage der Liebe oftmals andere Prioritäten setzen als es richtig wäre. Die Tatsache, dass es unmöglich erscheint, sollte uns aber nicht dazu führen aufzugeben, sondern vielmehr jeden Tag neu, durch die Kraft Jesu uns der Herausforderung zu stellen.
Noch ein letzter Punkt:
Im Evangelium nach Matthäus (19, 5f), zitiert Jesus wieder aus der hebräischen Bibel: „Deshalb wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich mit seiner Frau verbinden, und die zwei werden ein Leib sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern sie sind ein Leib.“ Damit sagt Jesus, dass die Beziehungen die vor der Ehe galten sich verändert haben. Die Liebe der Ehepartner zeigt sich darin, dass sie sich als ein Leib begreifen. Die Liebe zeigt sich darin, dass sie lernen mit einer Stimme zu reden und füreinander zu handeln.
- Liebes Brautpaar, natürlich bleibt ihr die Kinder eurer Eltern, und Freunde eurer Freunde, aber von nun an, seid ihr zuallererst und vor allem einander verpflichtet. Ihr seid ein Leib! Untrennbar verbunden.
Zusammenfassung:
Warum ist die Liebe das Kennzeichen dafür ein Jünger Jesu zu sein?
- Weil Gott Liebe ist
- weil die Liebe die größte Gabe ist
Wie ist diese Liebe?
- Sie ist wertschätzend und respektvoll gegenüber dem Anderen
- Sie ist vertrauensvoll
- Sie lässt uns eins werden im Denken, Handeln und Fühlen
- Sie macht uns bereit, an den eigenen Defiziten zu arbeiten
Ich möchte die Predigt nun mit einer Stille beenden. Es ist meine Hoffnung, dass Sie das eine oder andere von dem, was ich gesagt habe, in irgendeiner Weise angesprochen oder bewegt hat. Ich lade Sie ein, die jetzt folgende Stille zu nutzen um an dem weiter zu denken, oder mit Gott ins Gespräch zu kommen.
Amen
Gerne kommentieren, ergänzen….
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